Müttercafé Ost als Vorbild für Hiroshima
von Roberto Graf
Fr, 18. Feb. 2011
Aachener Nachrichten - Stadt / Lokales / Seite 19
Müttercafé Ost als Vorbild für Hiroshima
Japanische Delegation informiert sich in Aachen
Von Margot Gasper
Aachen.
International geht es im
Müttercafé Aachen-Ost eigentlich immer zu.
Frauen aus vielen Nationen nutzen regelmäßig
den offenen Treff des Kinderschutzbunds. Sie kommen zum
Klönen, sie pflegen Kontakte zu anderen
Müttern, sie holen sich auch mal Rat bei Sorgen und
Problemen.
Gäste aus Japan
allerdings waren jetzt zum ersten Mal in den freundlich
gestalteten Räumen an der Düppelstraße
29. Und sie kamen auch nicht wegen des netten
Miteinanders, sondern um der Wissenschaft willen. Eine
Delegation japanischer Gesundheitsfachleute wollte vom
Team des Kinderschutzbunds und von den versammelten
Müttern wissen, warum es dieses Angebot gibt und
wie es sich bewährt
hat.
Hintergrund des Besuchs ist eine
Kooperation, die die Katholische Hochschule (Katho) in
Aachen seit Herbst 2010 mit der Perfectual University
Hiroshima (PUH), einer pädagogischen Hochschule,
pflegt. Die Katho teilt mit den Partnern ihr Wissen
über Versorgungsstrukturen für Demenzkranke,
die zu Hause gepflegt werden. Eine Delegation mit Prof.
Hiromitsu Mihara an der Spitze machte sich jetzt in
Aachen mit den Forschungsergebnissen der Katho auf
diesem Gebiet vertraut und besuchte verschiedene Alteneinrichtungen.
Überforderte Eltern
Die Gäste wollten aber auch andere
soziale Einrichtungen kennenlernen. In einem
ausführlichen Gespräch ließen sie sich
von Andrea Weyer, Geschäftsführerin des
Kinderschutzbunds, und Britta Mohr, der Leiterin des
Müttercafés, Strukturen erläutern.
Immer wieder ging es auch um die Lebensbedingungen von
Vätern und Müttern. Mit Sorge betrachtet man
zum Beispiel beim Kinderschutzbund die steigende Zahl
von seelischen Erkrankungen, die Familien belasten.
„Mütter fühlen sich oft
überfordert“, weiß Andrea Weyer,
„viele haben Angst, den Alltag nicht zu
bewältigen“.
Durchaus mit
Verwunderung nahmen die Gäste allerdings zur
Kenntnis, dass Kinderbetreuung für viele Familien
in Deutschland ein Problem ist, weil die Schule oft
mittags schon aus ist. In Japan dauere der Unterricht
mindestens bis 15 Uhr, erklärte der Professor aus
Hiroshima.
Das Müttercafé
muss Eindruck gemacht haben bei den Gästen aus
Japan. Mihara jedenfalls kann sich gut vorstellen, auch
in Hiroshima ein Müttercafé nach Aachener
Vorbild zu installieren. Besonders gefallen habe ihm,
dass die Mütter die Themen setzen, dass sich das
Programm an ihren Bedürfnissen orientiert,
erklärte er im Gespräch mit den
„Nachrichten“.
Ein
Müttercafé wäre nicht das erste
Projekt, das Mihara aus Deutschland mitnimmt. Ein
Café, in dem Menschen mit Behinderung arbeiten,
wurde nach deutschem Vorbild bereits in Japan
umgesetzt.
Der Wissenstransfer soll
aber auch andersherum funktionieren. Bereits im
März reist eine Delegation der Katho Aachen nach Hiroshima.